Chronik

 

Die Geschichte unserer Kirchengemeinde von Anfang an bis heute 


Kirche_außen_1898
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„Liebster Jesu, wir sind vier …“ hätten die ersten evangelischen Christen 1599 in Königshofen singen können, denn mehr Anhänger der neuen lutherischen Lehre gab es bis dahin noch nicht in der alten Festungsstadt.

Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts durften sich evangelische Bürger auch in den katholischen Hochburgen Bayerns niederlassen, und so wuchs die kleine protestantische Schar auch in Bad Königshofen langsam, aber stetig. Als am 18. Apri1 1870 der erste protestantische Gottesdienst im evangelischen Betsaal der Kaserne gefeiert wurde – bis dahin war man noch auf die evangelische „Mutterkirche“ im nahen Aubstadt angewiesen -  zählten sich immerhin schon 100 Christen aus Königshofen und Umgebung zu der kleinen Gemeinde.

Mit Mut und viel Gottvertrauen entschlossen sich diese 100 evangelischen Christen jetzt zum Bau einer eigenen Kirche und gründeten 1887 einen Kirchbauverein, bereits 1894 wurde der Grundstein zum Bau der evangelischen Kirche unter der Leitung von Baumeister Valentin Trott gelegt. Die ursprünglichen drei Glocken, die in einem F-Dur Akkord zum Gottesdienst riefen und von denen heute nur noch die Kleinste erhalten ist, wurden bereits 1896 geweiht. „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ stand auf der größten Glocke, „Alles, was Odem hat, lobe den Herren. Halleluja.“ auf der Mittleren und „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ auf der kleinsten Glocke. Am 29. Juni 1898 (St. Peter und Paul) wurde die Kirche festlich eingeweiht und die Gemeinde zog vom unscheinbaren Betsaal in die überreich im Jugendstil ausgeschmückte Kirche.

Vikar Rudolf Leonhard Hammon war der erste Geistliche, der eigens für die kleine Gemeinde im Grabfeld von der Landeskirche entsandt wurde. Bis Königshofen 1947 zur eigenen Pfarrstelle erhoben wurde, folgten Vikar Hammon noch weitere 9 Vikare. Doch im 1. und im 2. Weltkrieg wurden auch die Geistlichen zum Kriegsdienst eingezogen. Vikar Hermann Stählin, der 1937 Vikar der Gemeinde geworden war, wurde 1941 Opfer des Krieges und liegt in Bad Königshofen begraben.

Die große und mittlere Glocke der Kirche wurden 1942 für Rüstungszwecke eingeschmolzen.

Durch die hohe Zahl der Flüchtlinge und Zwangsevakuierten wuchs die Zahl der Gemeindeglieder nach dem Krieg. Bereits kurz nach dem Krieg zählte man mehr als 1000 Gottesdienstbesucher im Monat, so dass 1947 die evangelische Gemeinde in Königshofen mit Pfarrer Helmut Wiegel, der zuvor schon der letzte Vikar gewesen war, den ersten Pfarrer erhielt.

1948 wurde die Kirche erstmals renoviert: sie bekam endlich eine Bankheizung und die üppige Jugendstilmalerei wurde mit einem schlichten Weiß übertüncht.

Auch die Zahl der evangelischen Schüler in Bad Königshofen und der Umgebung stieg stetig an. So wurde 1948 im ehemaligen Stadtgefängnis das erste evangelische Schülerheim eingeweiht, damit auch Schüler aus entlegenen Gebieten die Möglichkeit zum Besuch einer höheren Schule hatten. Die notdürftige Lösung eines Schülerheimes im ehemaligen Stadtgefängnis konnte aber schon bald der hohen Nachfrage nicht mehr gerecht werden. So wurde ein neues Haus neben der Kirche errichtet und 1954 als „Melanchthonheim“ eingeweiht. Sein wohl bekanntester Schüler, wenngleich mit trauriger Berühmtheit, war sicher Andreas Bader, späteres Gründungsmitglied der Terrorgruppe RAF.

Das Schülerheim bestand bis 1985 und wurde dann aufgrund zu geringer Schülerzahlen geschlossen. Heute ist das Gebäude des

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ehemaligen Melanchthonheimes an die Regierung von Unterfranken vermietet, die dort ein Asylbewerberheim eingerichtet hat. Viele in ihren Heimatländern verfolgte Familien finden dort übergangsweise ein Zuhause und die Vielzahl der Kinder sorgt stets für Leben rund um die evangelische Kirche.

1954 erhielt die Kirche wieder ihr volles Geläut und die neuen Glocken wurden eingeweiht – aus dem Dur war ein Moll-Klang geworden. Die große Glocke trägt die Inschrift: „ Ich will Frieden geben an diesem Ort“, „Höret des Herren Wort“ steht auf der Mittleren. Beide Glocken tragen die Inschrift: „Die vor uns waren, wurden geopfert im schrecklichen Krieg 1939-1945. Wir aber wollen nun wieder die Gemeinde rufen zum Heiligtum Gottes“. Das tun sie bis auf den heutigen Tag, nur die Glockenmotoren mussten 2009 erneuert werden.

1968 wurde die Kirche zum zweiten Mal grundlegend renoviert und bekam ihr heutiges Aussehen: Altar, Kanzel und Taufstein wurden durch neue aus Muschelkalk gefertigte Stücke ersetzt.

1979 wurde das Gemeindehaus gebaut und die Gemeinderäume aus dem Pfarrhaus in das neue Gebäude verlegt.

1987 wurde die Kirche erneut renoviert. Das Rundfenster in der Apsis, das zwischenzeitlich zugemauert war, wurde wieder geöffnet und durch ein modernes Fensterbild neu gestaltet.

Durch den Fall der Mauer und die Öffnung der deutsch-deutschen Grenze 1989 wuchs die Gemeinde an der ehemaligen Zonengrenze in den folgenden Jahren an. Auch aus Russland kamen viele Deutsche und ließen die Gemeinde wachsen. Heute gehören zur evangelischen Gemeinde ca. 1800 Menschen in Bad Königshofen und den umliegenden Dörfern.

1997 wurde die Kirche erstmals zu klein, um die große Zahl der Konfirmanden zu fassen. Die guten ökumenischen Beziehungen zwischen der evangelischen und der katholischen Gemeinde ermöglichten es, dass erstmals die Konfirmation in der größeren katholischen Stadtpfarrkirche gefeiert werden konnte. Bis heute gewährt die katholische Gemeinde den Evangelischen in Bad Königshofen diese Gastfreundschaft – ein Symbol für die gelebte Ökumene in der Stadt.

Wurde bereits 1971 unter Pfarrer Bärnreuther und Dekan Geis der „Ökumenische Christenrat“ gegründet, so blüht das ökumenische Leben der beiden Gemeinden bis heute durch eine intensive gemeinsame Arbeit mit Kindern und Familien, dem „Ökumenischen Stammtisch“ und vielen gemeinsam gestalteten Gottesdiensten.

Auch die Beziehungen zur Mennonitischen Gemeinde sind gut und lebendig: so feiern die Mennoniten jeden zweiten und vierten Sonntag im Monat ihren Gottesdienst in den Räumen des evangelischen Gemeindehauses.

1998 feierte die Gemeinde ihr 100-jähriges Bestehen.

Im Jahr 2012 wurde das Gemeindehaus mit viel Aufwand renoviert und energetisch saniert. Im Oktober konnte der Regionalbischof Christian Schmidt der Gemeinde das Haus in neuem Glanz und mit neuer Technik übergeben, und die Gemeinde ist stolz, dass sie mit dem modernen Haus im Kirchenpark eines der schönsten Plätzchen in Bad Königshofen besitzt.

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Viele der Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahren im benachbarten Melanchthonheim untergekommen sind, haben ihre Heimatländer auch aus religiösen Gründen verlassen. So suchen viele Iranische Christen in Deutschland Zuflucht und prägen seit ca. 2010 auch unsere Gottesdienste und das Gemeindeleben. Nach wie vor sind viele Menschen auf der Flucht, so dass auch das Melanchthonheim als Flüchtlingsunterkunft noch auf viele Jahre bestehen wird. Im Jahr 2014 ist das ehemalige Schülerwohnheim durch umfangreiche Umbaumaßnahmen den Anforderungen entsprechend umgestaltet worden und hat einen neuen Anstrich bekommen. Hoffentlich können die Menschen auf der Flucht hier Sicherheit und Ruhe auf dem Weg in ein neues Leben finden.

Nun wartet noch die Kirche auf eine Renovierung. Eine aufwändige Innen- und Außensanierung ist dringend notwendig und der Kirchenvorstand hat sich dieses große Projekt für die kommenden Jahre auf die Fahnen geschrieben.

Mögen der Mut und das Gottvertrauen der Gründungsmitglieder unserer Gemeinde auch den Nachkommen noch lange erhalten bleiben.